Magische Wesen, geraubte Bräute und ein kleiner Tod – Die MDM fördert Film-, Serien- und Medienvorhaben mit fast 4 Millionen Euro
Der Vergabeausschuss der Mitteldeutschen Medienförderung GmbH (MDM) hat in seiner vierten und letzten Sitzung 2024 am 4. Dezember Fördermittel in Höhe von 3.953.000,00 Euro für insgesamt 34 Projekte vergeben.
580.000 Euro Produktionsförderung gehen an die Erfurter Traumhaus Studios für die internationale Koproduktion „Bottanix”. Im Zentrum stehen die zwölfjährige Daphne und ihr kleiner Bruder Merlin, die zusammen mit ihren Eltern aufs Land reisen, um den 100. Geburtstag von Urgroßmutter Greta zu feiern. Die verdankt ihre eiserne Gesundheit magischen Wesen, die über Spiegel in ihrem Haus in die Welt der Menschen gelangen. Mit Hilfe der Bottanix wollen Daphne und Merlin nicht nur den Zwist zwischen Greta und ihrer Mutter beenden, sondern auch die Geburtstagsfeier retten, die von einem Gauner-Pärchen bedroht wird. Regie bei dem Projekt führt der Kanadier Benoît Godbout („Das große Schlittenrennen”).
In seinem zweiten Spielfilm „Das Muschelessen” inszeniert der Weimarer Regisseur Michael Venus („Schlaf”) mit Co-Autorin Gro Swantje Kohlhof frei nach Motiven der gleichnamigen Erzählung von Birgit Vanderbeke einen psychologischen Thriller rund um ein alles andere als harmonisches Familienessen einer Mutter (in ungewohnter Rolle verkörpert von Anke Engelke) und ihrer zwei Kinder in panischer Erwartung des tyrannischen Patriarchen. Das Projekt der ostlicht filmproduktion wurde bereits im Stadium der Projektentwicklung gefördert und erhält nun 500.000 Euro Produktionsförderung.
Der Kinderfilm „Hey, ich bin der kleine Tod!” setzt sich auf gefühlvolle und zugleich unterhaltsame Weise mit den Themen Tod und kindlichen Ängsten auseinander. Der elfjährige Samuel ist schwer krank und verlässt nie das Haus. Das ändert sich, als er eines Tages Besuch vom kleinen Tod in Gestalt der gleichaltrigen Frida bekommt. Mit seiner Hilfe lernt sie das Leben kennen. Das Drehbuch verfasste die Dresdner Autorin Anne Gröger nach ihrem eigenen Roman. Die Regie übernimmt Katja Benrath (Mideu Films, 400.000 €).
Die deutsch-argentinische Filmemacherin Sophia Mocorrea erzählt mit dem Sozialdrama „Brautraub” die Geschichte eines Paares im Spannungsfeld von familiären Erwartungen, Intimität und Geschlechterrollen. Die Entscheidung zu heiraten wird zu einer bitteren Prüfung für eine scheinbar gleichberechtigte Beziehung. Die deutsche Tradition der Brautentführung stellt die Welt von Luisa und Fred dann endgültig auf den Kopf (Niko Film, 300.000 Euro).
Josep Broz „Tito” war Widerstandskämpfer, kultisch verehrter Landesvater, brutaler Unterdrücker und Lebemann gleichermaßen. Als Regierungschef und ab 1953 als Staatspräsident stand er an der Spitze der Volksrepublik Jugoslawien, sein Tod 1980 führte zum allmählichen Zerfall des sozialistischen Vielvölkerstaates. In „Tito – Der Lieblingsdiktator der Welt” beleuchtet Sasha Djurkovic das Leben eines der schillerndsten und umstrittensten Politiker des 20. Jahrhunderts (LOOKS Film & TV Produktionen, 300.000 Euro).
Von Solidarität unter Frauen inmitten der Hölle eines KZ erzählt das episodische Drama „Each of us”, das von vier europäischen Regisseurinnen – Neus Ballús (Spanien), Anne Zohra Berrached (Deutschland), Anna Jadowska (Polen) und Stina Werenfels (Schweiz) – gemeinsam umgesetzt wird. Sie schildern die auf wahren Begebenheiten basierenden Schicksale von vier Frauen, die kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Konzentrationslager Ravensbrück um ihr Überleben kämpfen (Bon Voyage Films, 230.000 Euro).
Im Rahmen des MDM-Pilotprogramms realisiert die sächsische Künstlerin und Filmemacherin Anita Müller ihr halbstündiges Animadok-Projekt „Heimatfilm”, mit dem sie 2021 den Pitching-Preis beim MDM Nachwuchstag KONTAKT gewonnen hatte. Anhand von Familienerinnerungen widmet sie sich darin sieben Jahrzehnten deutscher Zeitgeschichte: Ein Besuch bei ihren Angehörigen offenbart bisher unausgesprochene Konflikte – sei es mit dem aus dem Krieg heimgekehrten Vater, mit der begrenzten Freiheit im Osten Deutschlands oder den Veränderungen der Nachwendezeit (Balance Film, 135.000 Euro).
Der Dokumentarfilm „Die Welt ist eine Kugel” des Leipziger Film-Duos Antje Schneider und Carsten Waldbauer („Vier Sterne Plus”) handelt von Eis und von denen, die es zubereiten. Er erzählt die Geschichte der italienischen Eismacher*innen, die aus der Not heraus in den Sommern der 1950er Jahre nach Deutschland zogen, um hier ihr Eis zu verkaufen. Seit jeher pendeln sie über Generationen hinweg zwischen erster und zweiter Heimat, zwischen Zukunftssorgen, Auswirkungen des Klimawandels, Inflation und Personalmangel. Bereits in der Stoffentwicklung gefördert, erhalten Kloos & Co. Ost nun 125.000 Euro Produktionsförderung.
„It came with the Tide” ist ein Stop-Motion-Mystery-Kurzfilm über eine junge Frau, die ihre alteingesessene Heimatinsel mit Hilfe eines Urzeitwesens nach ihren Vorstellungen umgestaltet. Die Bewohner der Insel fürchten sich allerdings vor den raschen Veränderungen und werden zur Bedrohung. Monja Dietrich und Vincent Suttner erhalten mit ihrem neu gegründeten Leipziger Animationsstudio The Hidden Institute 80.000 Euro Produktionsförderung. Die Animationstalente Mona Keil, Gewinnerin des KONTAKT-Pitchingpreises 2024, und Arne Hain verstärken das kreative Kernteam.
Um das Entdecken des eigenen Körpers geht es im Animationskurzfilm „Das Lustige Gewitter”, den Nina Hoffmann 2024 beim MDM Nachwuchstag KONTAKT vorstellte. Die sechsjährige Tomato, die bei ihrer streng religiösen Tante Bibelbärbel aufwächst, erlebt eines Tages durch Zufall ihren ersten Orgasmus. Ohne zu wissen, was dieses kribbelnde, tolle Gefühl ist, das sie wie ein Blitz durchschießt, tauft sie es auf den Namen „das lustige Gewitter”. Tomato glaubt fest daran, dass sie die einzige Person ist, die dieses Gewitter erzeugen kann, doch schon bald wird ihre kindliche Naivität mit der Realität konfrontiert. Ihre Geschichte setzt die Dresdner Filmemacherin und Produzentin mit verschiedenen Animationstechniken wie Puppentrick, Legetrick und Scherenschnitt um (Nina Hoffmann, 50.000 Euro).
Das Berliner Regie-Duo Kate Tessa Lee und Tom Schön begleitet in seinem Dokumentarfilm „The Faraway Near” Li Yong Chun auf seiner familiären Spurensuche ins ländliche China. Er verfolgt die Migrationsgeschichte seines Großvaters, der 1945 nach Mauritius auswanderte, zurück in sein Heimatdorf Zhong Cun, wo ein großer Teil der Familie noch heute lebt. Die Produktionsfirma Blue Monticola Film aus Magdeburg, die aktuell an der MDM-Gründerinitiative MEDIAstart teilnimmt, erhält eine Produktionsförderung in Höhe von 50.000 Euro.
Die MEDIAstart-Alumni radpaar films (Jonas Eisenschmidt und Constanze Wolpers) gewannen gerade den Deutschen Kurzfilmpreis für „Eine einzelne Tat”. Ihr neuer Kurzfilm „Prison Honey” dokumentiert die Imkerarbeit von Gefangenen im Gefängnis Celle vor dem Hintergrund komplexer Themen wie Identität, Resozialisierung und gesellschaftliche Zugehörigkeit. Der Film verwebt dokumentarische Beobachtungen mit performativen und poetischen Elementen, um die Herausforderungen und Veränderungen im Leben der Gefangenen zu reflektieren. Das Projekt wurde bereits in der Stoffentwicklung gefördert und erhält nun 45.000 Euro Produktionsförderung.
Produktionsförderung in Höhe von 40.000 Euro erhält Studio Animauz Weber & Walde für das Projekt „Flexi”. Der animierte Kurzfilm setzt sich auf spielerische Art und Weise mit dem Thema Identität auseinander und ist ein Plädoyer für die Vielfalt. Dem Wurm Flexi ist furchtbar langweilig, bis er eines Tages entdeckt, dass er mit seinem flexiblen Wurmkörper überall dazugehören kann. Gleichzeitig muss er aber auch herausfinden, wer er selbst sein möchte und was ihm wichtig ist. Regie übernehmen Alma Weber und Lina Walde, die das Projekt beim MDM Nachwuchstag KONTAKT 2024 vorgestellt haben.
Ende 2023 begann Thomas Heise („Heimat ist ein Raum aus Zeit”) die Arbeit an seinem letzten Dokumentarfilm, der nach dem Tod des vielfach preisgekrönten Regisseurs im Mai 2024 von seinem langjährigen Kameramann Peter Badel fertiggestellt wird. Gesellschaftliche und historische Ereignisse verbinden sich in „Übergang” mit Heises eigener Biografie – beispielsweise mit der Liebesgeschichte zwischen ihm und seinem Ehemann Michael Saringan. Zentraler Schauplatz des Films ist der Bahnhof Schönhauser Allee in Berlin, seit Jahrzehnten ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt der Stadt, in dessen unmittelbarer Nähe Heise bis zuletzt lebte (Ma.ja.de. Filmproduktion, 40.000 Euro).
Projektentwicklungsförderung erhalten die Drama-Serie „Paradiese” von Norbert Maas (Elemag Pictures, 100.000 Euro), der Animadok-Film „In their own Flesh” von Ana Maria Vallejo (Paper Plane Animation, 90.000 Euro), die Animationsserie „Poppis bunte Welt” von Marcel Schröder und Alexander Pick (toon vision, 77.000 Euro), das Familiendrama „Frohe Zukunft” von Lara Scherpinski (Elemag Pictures, 40.000 Euro), der Dokumentarfilm „Loving Bach” von Anna Schmidt (schmidtfilm, 30.000 Euro) sowie der Dokumentarfilm „The Sound of Video Game Musik” von Günter Atteln (accentus music, 25.000 Euro).
Von Projektentwicklungsförderung im Bereich Neue Medien profitiert das Game „Kicking Brass” von Oskar Kraska McKone (Stepheight, 100.000 Euro).
Im Stadium der Stoffentwicklung unterstützt die MDM den Animationsfilm „Alma und die wilde Jagd” (Buch: Ines Häufler, Juliana Neuhuber, arx anima MD, 30.000 Euro), die Drama-Serie „Bethel – House of God” (Drehbuch: Nadine Gottmann, SCHIWAGO Film, 30.000 Euro), den Animationsfilm „Drake, A Teenage Vampire” (Buch: Kai Roman Schöttle, SERU Animation, 30.000 Euro), das Sozialdrama „Tiere” (Drehbuch: Max Honert, in one media, 30.000 Euro), den Animadok-Film „Die Geschichte der Russlanddeutschen” (Buch: Lydia Günther, Balance Film, 30.000 Euro), der Coming-of-Age-Film „Dreams on Mute” (Buch: Anna Wagner, 3 Raum Produktionen, 30.000 Euro), die Thriller-Serie „Nada” (Drehbuch/Antragsteller: Nicolás Britos, 25.000 Euro), den Dokumentarfilm „Independent Actions” (Buch: Benjamin Freidenberg, 42film, 18.000 Euro) sowie den Dokumentarfilm „Return” (Buch/Antragsteller: Jonas Matauschek, 18.000 Euro).
Im Verleih werden die Komödien „Kundschafter des Friedens 2” (Regie: Robert Thalheim, Majestic Filmverleih, 80.000 Euro) und „Es liegt an Dir, Chéri” (Regie: Florent Bernard, Weltkino Filmverleih, 50.000 Euro) gefördert.
Weiterhin gewährt die MDM Fördermittel für Weiterbildungsangebote der Sächsischen Filmakademie Görlitz 2025 (175.000 Euro) und die Documentary Campus Masterschool (70.000 Euro).
Weitere Informationen zu den geförderten Projekten sind hier (PM) und hier (Übersicht Förderentscheidungen) zu entnehmen.